Das Wörtchen „Hey!“ habe ich im Kindergarten kennengelernt. Da hieß es schon mal: „Hey, gib mir das gelbe Förmchen!“ oder „Hey, jetzt komm ich an die Schaukel!“ Auch als Teenager habe ich es in meinem Umfeld benutzt und gehört. Etwa „Hey, lass mich mal an deiner Zigarette ziehen!“ oder „Hey, wo hast du diese tollen Turnschuhe her?“ Mit meinem Studienbeginn fiel „Hey!“ aus meinem Wortschatz, nur gelegentlich raunze ich noch meinen Schatz an mit „Hey, kannst du jetzt vielleicht endlich mal die Spülmaschine ausräumen? Ich brauche eine saubere Tasse!“
In letzter Zeit bekomme ich nun öfters von Menschen, die ich noch nie in meinem Leben gesehen oder gesprochen habe, geschäftliche Mails mit der Anrede „Hey Astrid!“ Meistens geht es in diesen Mails darum, dass ich etwas kaufen oder dass nötige Vertrauen für die Buchung einer Dienstleistung entwickeln soll.
Drei Buchstaben, die polarisieren
Wie wirkt „Hey!“? Wofür steht das Wörtchen? Auf jeden Fall für eine gewisse Dynamik! Wenn man eine informelle sprachliche Formel in einen formelleren Kontext überträgt, positioniert man sich damit zudem als locker. Diesem „Hey!“ haftet aber auch etwas Raues und leicht Aggressives an. Funktioniert „Hey!“ denn als „Call to action“? Weder habe ich damals dem anderen Kindergartenkind das gelbe Förmchen gegeben, noch übernimmt mein Lebensgefährte eine Extra-Hausarbeit, wenn er so angesprochen wird. „Hey!“ scheint also auch Widerstände aufzubauen. Das könnte vielleicht daran liegen, dass diese Aufforderung einen kindlich-trotzigen Beigeschmack hat, nach dem Motto „Es gibt zwar keinen logischen oder moralischen Grund, warum du das jetzt tun solltest – außer dass ich es einfach will!“ Ich habe daher Zweifel, ob „Hey!“ ein gutes Schlüsselwort im Verkauf bzw. in der Kommunikation mit (noch) unbekannten Kunden ist.
In geschäftlicher Kommunikation innovativ und locker aufzutreten, kann andererseits ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal sein, vor allem wenn es darum geht, ein innovatives Produkt glaubwürdig zu vermarkten. Dabei gibt es allerdings eine ganze Menge tolle Alternativen zu „Hey!“ Hier drei Vorschläge:
- Inhalte: Stellen Sie doch einfach ihr innovatives neues Produkt vor und lassen Sie es für sich selbst sprechen! Um modern zu wirken, müssen Sie weder kindisch noch unhöflich werden.
- Einfach ganz normales Tacheles reden: Im Vergleich zum gedrechselten Marketing-Sprach mancher Wettbewerber wirkt das sicher sehr erfrischend.
- Entwickeln Sie eine eigene Sprache, anstatt einfach formelle (Sehr geehrte …) durch informelle (Hey!) Schablonen zu ersetzen.
Alternativen für Erwachsene
Und hier noch ein Tipp für eine moderne professionelle Grußformel, die immer funktioniert und niemanden vor den Kopf stößt: „Guten Tag, (Vorname) (Nachname), …“ Oder wenn es noch etwas lockerer sein soll: „Hallo (Vorname) (Nachname), …“ Das ist souverän und erwachsen, nie falsch und immer noch cool! Und da bei dieser Grußformel die Anrede „Frau“ oder „Herr“ entfällt, haben Sie auch keinen Stress mehr, wenn Sie – vielleicht aufgrund eines uneindeutigen Vornamens – nicht erkennen können, welches Geschlecht die Person hat, der Sie da gerade schreiben.
Aber hey, was ist jetzt mit „Hey“? Hey macht doch Spaß, Hey bringt Schwung, Hey macht locker! Das kann doch nicht falsch sein! Ist es auch nicht, aber auf den Kontext kommt es an. Dazu muss man mal gucken, wo das „Hey!“ jetzt wirklich passt. Es passt überall da hin, wo wir mit anderen Menschen einen vertrauten Umgang haben. Wo wir uns gut kennen und wo wir uns sicher sein können, dass der oder die andere unsere Wellenlänge empfängt. Zum Beispiel im Team, im persönlichen Netzwerk, beim Sport, im Freundeskreis. Da kann es unheimlich belebend wirken, sich als Gruppe wieder wie die „Sandkasten-Rocker von der Förmchenbande“ zu fühlen!
Da fühle ich mich doch wieder abgeholt. Ich nutze hey gerne – im privaten Chat. Und bin altmodisch, wenn ich angeheyt werde von Verkäufern. Danke für die schönen Alternativen
Danke!
Ich möchte auch nicht mit Hey angesprochen werden und wo wir schon dabei sind: ich möchte auch keine Newsletter mehr bekommen, die persönlich tun, indem sie mich automatisch mit Vornamen ansprechen. Warum sollte man in einem Newsletter so tun, als wäre er persönlich nur für mich geschrieben? Das ist er nicht. Und das passt dann auch zu deinem Punkt: warum die Dinge nicht benennen, wie sie sind und das Marketing-Sprech in der Schublade lasse?