„Den Flurfunk digital übersetzen!“, seufzte eine Teilnehmerin meines Online-Workshops. Ich hatte in die Runde gefragt, was sich die Teilnehmer zurzeit für die Kommunikation in ihrem virtuellen Team am meisten wünschen. „So viele Dinge haben wir bislang informell zwischen Tür und Angel besprochen“, erklärte sie weiter, „sowohl Fachinfos als auch Persönliches. Jetzt geht vieles verloren und das Gemeinschaftsgefühl nimmt ab.“ Tatsächlich haben verschiedene Studien, die sich mit Arbeiten aus dem Homeoffice bzw. mit „Remote Teams“ beschäftigen, diese Gefahr immer wieder belegt. Und tatsächlich: Virtuelle Zusammenarbeit kann niemals eine menschliche Nähe erzeugen wie die Arbeit in einem Team, dessen Mitglieder sich Räume oder sogar Schreibtische teilen, sich über alte Yoghurts im Gemeinschafts-Kühlschrank streiten – und sich bei Erfolgen unverzüglich die Schultern klopfen können. Dennoch kann eine gute Kommunikation von Homeoffice zu Homeoffice einige Verluste ausgleichen.
Hier meine Tipps:
1. Harte Fakten vor dem Versickern bewahren
Meine Teilnehmerin aus dem oben zitierten Online-Workshop hat noch Genaueres erzählt: „Informationen werden ausgetauscht, wenn zum Beispiel zwei aus dem Team ausgiebig telefonieren oder sich einige live im Büro treffen. Aber was ist mit den anderen, die gerade nicht dabei sind? Bevor die meisten von uns ins Homeoffice gegangen sind, hat es sich immer irgendwie ergeben, dass der Rest diese Infos auch bekommen hat. Aber jetzt funktioniert das nicht mehr …“ Mein Vorschlag für eine Gegenmaßnahme: Führen Sie am Ende jedes Gesprächs mit Kollegen ein simples Ritual ein. Wiederholen Sie die wichtigen Punkte des Gesprächs und stellen Sie sich dann gegenseitig die Frage: „Wer muss das noch wissen?“ Zum guten Schluss dann eindeutig klären, wer wen informiert, und fertig ist der Rettungsschirm für wichtige Infos! Und wie gelingt es Ihnen, immer rechtzeitig daran zu denken? Ganz einfach: Wenn Sie merken, das ihr Mund den Zischlaut „Tsch“ machen will, um das Wort „Tschüß“ zu formen, ja, dann ist es höchste Zeit für dieses Ritual!
Auch ein schönes Rettungsboot für wichtige Infos: Legen Sie eine Gruppe in einem Messengerdienst oder eine gemeinsame Pinnwand im Intranet bzw. einer Kollaboration-Software an. Aber bitte nicht irgendeine allgemeine Feld-, Wald- und Wiesen-Gruppe oder -Pinnwand, sondern ein digitaler Ort, wo nur Informationen zu einem ganz bestimmten Thema ausgetauscht werden, etwa „Neues vom Kunden X“ oder „Lösungsideen für Problem Y“. In der IT-Branche beliebt ist Confluence, ein etwas komplexeres Tool, in dem Teams Wissen zu einem Projekt teilen können.
2. Sozialen Schmierstoff digital verteilen
Toll, wenn Sie es nun schaffen, alle wichtigen Infos weiterzugeben. Dann laufen die Projekte schon mal gut. Was jetzt noch fehlt, ist der soziale Schmierstoff fürs Gemeinschaftsgefühl. Auch wenn es beim ersten Gedanken daran vielleicht etwas gezwungen erscheint, schaffen Sie sich doch gezielt kleine digitale Räume, in denen Sie Persönliches austauschen! Kennen Sie Mural? Das ist so etwas wie eine digitale Metaplanwand, an der viele Teilnehmer von ganz verschiedenen Orten aus gleichzeitig schreiben, malen, stempeln und sogar eigene Bilder hochladen können. Macht total Spaß! Stellen Sie zum Beispiel am Montagmorgen die Frage: „Was wünsche ich mir für diese Woche?“ Und kreieren Sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen dazu ein Mural-Board. Das könnte dann so aussehen wie das Bild oben. Kollaboration- oder Konferenz-Software bieten auch einfache Umfragetools, die sich in ähnlicher Weise zum Beispiel zu Beginn von Besprechungen einsetzen lassen.
3. Gute Fragen – schlechte Fragen
Überlegen Sie mal: Worüber haben Sie sich in der Kaffeeküche immer gern unterhalten? Über Sport, Urlaub, Gartenarbeit, korrekte Mülltrennung oder wie man es schaffen könnte, den Guinness-Rekord im Unterwasser-Seilspringen zu brechen? Stellen Sie auch zu diesen Themen Fragen. Wichtig: Die Fragen sollten offen sein und alle dazu anregen, etwas Persönliches über sich zu erzählen. Aber sie sollten auch nicht zu persönlich werden, um niemand unter Druck zu setzen. „Wie geht es deiner Beziehung?“ oder „Wann hast du zuletzt geweint und worüber?“ wären sicher mega-spannend, sind aber aus Privatsphäre- und Harmoniegründen leider tabu.
Auch gefährlich sind Fragen, die den sozialen Status betreffen. „Was sehen Sie, wenn Sie aus dem Fenster schauen?“ ist grundsätzlich eine tolle Frage, um sich in das Lebensgefühl einer 20 Kilometer entfernten Person hineinzuversetzen. Aber genau das möchte der Kollege vielleicht nicht, wenn seine Antwort lauten musste „Mülltonnen“ oder „eine Bahntrasse“. Besser: Fordern Sie die Kollegen im digitalen Gemeinschafts-Zeitfenster auf, jeweils einen Gegenstand auf ihrem Schreibtisch auszuwählen und in die Hand zu nehmen. Dazu stellen Sie die Frage: „Was bedeutet dieser Gegenstand für dich?“ Dieser „Icebreaker“ ist diplomatisch, er lässt der Kollegin nämlich noch die Freiheit, die Schüttelkugel mit den kleinen blauen Delfinen („Ich möchte endlich mal wieder ans Mittelmeer!“) schnell aus dem Kamerawinkel zu schieben und stattdessen nach dem Tacker zu greifen. Dazu lässt sich ganz vortrefflich sagen: „Dieser Gegenstand erinnert mich immer daran, wie wichtig der Zusammenhalt unter Kollegen ist!“
Sie finden meine Vorschläge anregend, aber Sie haben ganz andere Bedürfnisse in Ihrem virtuellen Team? Oder Sie wollen Ihr bereits vorhandenes digitales Tool besser für die interne Kommunikation nutzen? In einem maßgeschneiderten Workshop unterstütze ich Sie dabei, passende Ideen für Ihr Team zu entwickeln. Sprechen Sie mich gerne an.
Hey, das sind schöne Tipps, wie es besser gehen kann. Besonders der Tacker brachte mich noch zum Lächeln…ich würde dann doch die Delfine wählen.
Alles eine Frage der Persönlichkeit – Die Delfine bieten natürlich auch 1A-Gesprächsstoff …
Danke für den informativen und lustigen Artikel. Auf meinem Schreibtisch liegt eine 10-Cent-Münze und ich hab keine Ahnung, wieso.